Mühevolle Recherche nach erfolgreicher „Bärenjagd“

Abb. 1: Das Kästchen des Hof-Graveurs Alexander Wollram, Dessau

Abb. 2: Frackschnalle und kleine Ordensschnallen Bodes mit EK2 1914, Friedrichs- kreuz für Nichtkämpfer, Roter Adler 4.Klasse, Landwehr-Dienstauszeichnung 1. Klasse, Hausorden Albrecht des Bären Ritterzeichen 1. Klasse;

Für Sammler der Orden und Ehrenzeichen des Herzogtums Anhalt zählt die „Bärenjagd“ zur liebsten Beschäftigung. Dies gilt auch für mich und so konnte ich mir die vorliegende Schnalle nicht entgehen lassen.

Neben dem doch recht üblichen Ritterzeichen 1. Klasse sticht hier das recht seltene Friedrichskreuz am Band für Nichtkämpfer heraus.

Eine unkomplizierte Trägerermittlung wäre natürlich ein Traum gewesen, allerdings führte die Durchsicht der preußischen und anhaltinischen Staatshandbücher sowie der üblichen Ranglisten zu keinem eindeutigen Ergebnis. Glücklicherweise waren im Nachlass Hinweise auf einen Familiennamen vorhanden. Es lag ein Militärpass eines Wilhelm Bode dabei, der, wie sich im Nachhinein herausstellte, der Vater unseres auf dem Foto abgebildeten Herrn war. So etwas kann manchmal recht schnell in die Irre führen, wenn z.B. jemand in eine andere Familie einheiratet und sich über die Generationen Namen vermischen. Im vorliegenden Falle allerdings stellte sich der überlieferte Familienname als korrekt heraus. Um diesen aber tatsächlich verifizieren zu können, war ein größerer Aufwand und die tatkräftige Hilfe einiger Sammler und Forscher nötig.

Unser bester Kandidat namens Bode – ein nicht unbedingt unüblicher Name – findet sich in den einschlägigen Quellen als Professor in Halle immer wieder, aber die Auszeichnungen waren nie komplett verifizierbar. In den Quellen bis 1914 ist er nur mit der Landwehr- Dienstauszeichnung belegt; kein Roter Adlerorden, kein Abrecht der Bär... Hinweise von Kollegen, dass es in überschaubarer Anzahl auch Verleihungen der „Friedensorden“ im Verlauf des ersten Weltkriegs gab, waren Anlass, nicht aufzugeben, denn besagter Hinweis stellte sich als zielführend heraus. Im preußischen Staatshandbuch 1918 findet sich in der Tat der Rote Adlerorden 4. Klasse, dazu das Eiserne Kreuz 2. Klasse, die Landwehr- Dienstauszeichnung 1. Klasse und das Anhaltinische Friedrichskreuz verzeichnet, allerdings ohne den Hinweis auf das Nichtkämpferband; der „Honigbär“ fehlt. Endgültige Klarheit brachte ein Blick in die Professorenverzeichnisse der Universität Halle, eine Quelle, die einem sicher nicht auf Anhieb einfallen würde. Bodes Eintrag für das Wintersemester 1918 verzeichnet und bestätigt nun auch das Friedrichskreuz am Nichtkämpferband, der „Honigbär“ fehlt immer noch. Diesen findet man nun aber im Eintrag für das Sommersemester 1919. Die Verleihung muss also „kurz vor Toresschluss“ im Herbst 1918 erfolgt sein. Diese Verleihungsreihenfolge wird auch durch die beiden beiliegenden kleinen Ordensschnallen bestätigt, auf denen bei der kürzeren der Bär noch fehlt.

Abb. 3: Rothe Kreuz-Medaille 3. Klasse der Ehefrau

Wer war nun dieser Professor Bode?

Hugo Bode wurde am 26. Juli 1851 in Groß Salze geboren. Nach Schulbesuch in Groß Salze und Oschersleben legte er am Gymnasium Halle sein Abitur ab, absolvierte anschließend eine Ausbildung zum Landwirt und war danach als solcher tätig. Von 1877 bis 1881 studierte er Landwirtschaft an der Universität Halle und promovierte 1882 bei Julius Kühn(1) mit einer Arbeit „Über die Beziehungen zwischen Düngung und Zusammensetzung der Zuckerrüben“ zum Doktor der Philosophie.

Er pachtete dann ein Gut bei Würzburg und war wiederum als Landwirt tätig. Im Jahre 1895 kehrte er an die Hallesche Universität als Mitarbeiter seines Doktorvaters zurück, wo er ab 1897 eine Assistentenstelle im Laboratorium des Landwirtschaftlichen Instituts innehatte.

1902 folgte Bodes Habilitationsschrift zum Thema „Die Erhaltung der Bodenkraft im Pachtvertrage“. Er wurde 1905 zum beamteten außerordentlichen Professor und Abteilungsvorstand am Landwirtschaftlichen Institut ernannt und lehrte Bodenkunde, -taxierung und -kartierung. Zugleich leitete er das landwirtschaftlichphysiologische Laboratorium des Institutes mit den Schwerpunkten Bodenkunde, Düngung und Bakteriologie. Kriegsbedingt unterbrochen setzte Bode seine Forschungen bis 1921, dem Jahr seiner Emeritierung fort.

In der damaligen besseren Gesellschaft gehörte neben einem akademischen Grad auch ein militärischer Titel auf die Visitenkarte eines etwas auf sich haltenden und monarchisch geprägten Bürgers.

Bode diente 1874 seine Pflichtzeit als Einjährig Freiwilliger, schlug dann die Laufbahn eines Reserve- Offiziers ein und wurde nach Absolvierung der erforderlichen Übungen am 15. Septem-ber 1877 zum Sekondelieutenant der Reserve ernannt. Sein Stammregiment war das 4. Thüringische Infanterieregiment 72 in Torgau. Nach 10 Jahren (am 16. August 1887) erfolgte seine Beförderung zum Premierlieutenant der Reserve. Später wurde er in die Landwehr überführt, was ihn wohl nicht von weiterer Dienstleistung abhielt, denn am 17. Oktober 1893 wurde er zum Hauptmann befördert.

Im Ersten Weltkrieg wurde Bode wiederverwendet, u.a. diente er im Ersatzbataillon des Landwehr- Infanterieregiments 66, und erhielt am 27. Oktober 1915 die für einen „einfachen Landwehroffizier“ damals nicht alltägliche Charakterisierung zum Major der Landwehr.

Bodes Auszeichnungen

Wie bereits angeführt, besaß Hugo Bode bis kurz vor dem Weltkrieg nur die Landwehr-Dienstauszeichnung 1. Klasse, die jedem – heute würden wir sagen beordertem – Reserveoffizier nach insgesamt 20 Jahren Dienstzeit verliehen wurde. Die bei aktiven Militärs seiner Zeit obligatorische Centenarmedaille erhielt er nicht. Auch Reserveoffiziere konnten diese erhalten, dazu mussten sie aber im Verleihungszeitraum auch tatsächlich aktiven Dienst geleistet haben.

Abb. 4: Bodes Eintrag im 1918er Hof- und Staatshandbuch für das Königreich Preußen, der „Honigbär“ ist noch nicht verzeichnet

Abb. 5: Bodes Eintrag im Professorenverzeichnis der Universität Halle; der Eintrag entspricht nun zu 100% der ihm zugehörigen Ordensschnalle

Abb. 6: Hugo Bode und seine Ehefrau Luise im Schmuck ihrer Orden und Ehrenzeichen

Im Weltkrieg wurde Bode mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse dekoriert, Anhalt verlieh ihm am 12. Juni 1915 das Friedrichskreuz am Band für Nichtkämpfer.(2) Bei diesen Kriegsauszeichnungen ist das nette Dilemma zu sehen, wer überhaupt vom wem mit was dekoriert wurde. Dies trifft man bei Beamten und „Hinterland-Offizieren“ öfters an. Ein Bundesstaat dekoriert mit einer „richtigen“ Kriegsauszeichnung, ein anderer mit einer Nichtkämpferauszeichnung.

Bodes zwei Orden sind naturgemäß eher seiner akademischen Laufbahn zuzuordnen; der Rote Adlerorden 4.

Klasse als „Einstiegsauszeichnung“ ins preußische Ordenssystem wurde ihm 1914 verliehen, nach knapp 20 Jahren akademischer Tätigkeit, der „Honigbär“, das Ritterzeichen 1. Klasse des Anhaltinischen Hausordens, folgte 1918 als eine eher unübliche Ehrung mitten in Kriegszeiten. Wäre das Kaiserreich 1918 nicht untergegangen, kann man davon ausgehen, dass er zu seiner Emeritierung 1921 noch weitere Orden als „Ruhestandsgeschenk“ erhalten hätte. Hugo Bode verstarb am 14. Januar 1937, ob er sich noch um das ihm zustehende Kriegsteilnehmerkreuz bemüht hat, ist nicht bekannt. Beiliegend im Nachlass fanden sich auch zwei „mitgewachsene“ kleine Ordensschnallen, die Rote-Kreuz-Medaille 3. Klasse seiner Ehefrau und das originale Kästchen des Lieferanten mit dem ebenso originalen alten Einwickelpapier. Wie ich finde ein durchaus charmantes Ensemble.

Hugo Bode und seine Ehefrau Luise, geb. Teammer, hatte einen Sohn namens Thilo, der 1917 fiel.(3) Er trat zuvor in Vaters Fußstapfen, war ebenfalls Landwirt und Reserveoffizier. Ich nehme an, dass dessen Sohn ebenfalls Thilo hieß, welchem die Widmung auf dem Foto anlässlich der Goldenen Hochzeit gilt: „Ihrem lieben Enkel Thilo zur freundlichen Erinnerung an den 19. Januar 1934, den Tag der goldenen Hochzeit seiner Großeltern.“ Enkel Thilo schlug – worauf der Matrosenanzug bereits schließen lässt – die Marine-Offizierlaufbahn ein und wurde im 2. Weltkrieg U-Boot-Kommandant.(4) Thilo Bode verstarb erst 2014 hochbetagt, daher kamen der Nachlass seines Großvaters und die Bilder wohl vor nicht allzu langer Zeit auf den Markt.

Abb. 7: Die Eheleute Bode mit ihrem Enkel, die Identität des 2. Mannes ist noch unklar.

Abb. 8: Rückseite des Fotos mit der Widmung an den Enkel

Danksagung

Dr. Tilo Wahl, David Danner, Wolfram Oblentz und Daniel Krause sei für die gewährte Unterstützung herzlich gedankt.

Anmerkungen

1  Kühn gilt als bedeutender Reformer der Landwirtschaftslehre und wegweisender Gestalter des landwirtschaftlichen Universitätsstudiums; er gilt auch als höchstdekorierter deutscher Agrarwissenschaftler. Sh. https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Kühn_(Agrarwissenschaftler)

2  Frdl. Mitteilung von Dave Danner aus der in Arbeit befindlichen Verleihungsliste des Friedrichskreuzes

3  Sh. Sterberegister Halle, 1917, Nr. 1194

4  Siehe: http://www.ubootarchiv.de/ubootwiki/index.php/Thilo_Bode

Quellen

- https://www.catalogus-professorum-ha- lensis.de/bodehugo.html
- Militärwochenblätter, div. Jg.
- Handbuch über den königl. Preuß. Hof und Staat, div. Jg.
-  Amtliches Verzeichnis des Personals der vereinigten Friedrich-Universität Halle-Wittenberg; Wintersemester 1918-19 und Sommersemester 1919
-  Sterberegister Halle Bildnachweis

Bildnachweis

Alle Bilder – Sammlung des Verfassers

Veröffentlicht: Orden und Ehrenzeichen 25. Jg., Nr. 145 (Juni 2023)

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Dr. jur. Ernst Ebeling, Oberbürgermeister der Residenzstadt Dessau

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Anhaltischer Verdienstorden für Wissenschaft und Kunst 3. Form 1. Klasse – Ein bisher unbekannter Träger